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Berlin 11. XI. 1907.
Sehr verehrter Herr Professor!
Der Beweis, daß die infolge des
schönen Herbstwetters unzweifelhaft
verminderte Luftfeuchtigkeit die Tinte in München in der That noch
nicht überall zum Trocknen gebracht hat, hat mich sehr gefreut, u.
ich
danke Ihnen herzlich für Ihre werthen Zeilen. Besonders erfreulich
ist
mir auch, daß meine Arbeit Ihnen erheblich genug erschienen ist,
um
Ihrerseits Rechnungen daran zu knüpfen. Daß noch so korrekte
Rechnungen vorläufig zu keiner Übereinstimmung mit den
Beobachtungen
führen, überrascht mich allerdings nicht. Denn /2/ wenn die
von mir
ausgesprochene Vermutung zutrifft, daß die
Grundspektra einer Aufspaltung derjenigen Komplexe, welche die
gewöhnlichen
Serienspektra liefern, Ihre Entstehung verdanken, so scheint es mir
denkbar, daß bei dieser Zerlegung auch die für das Material
charakteristischen Komponenten sich ändern, ahnlich stark, wie
beim
Übergang von einem Element zum andern.- Natürlich
unterscheide ich
selbst sehr scharf zwischen den Erscheinungen, die ich beobachten
konnte, u. der daran geknüpften bloßen Hypothese, die ja
zunächst nur
ausdrückt, daß ich nicht gescheidt genug bin, etwas Besseres
zur
Erklärung auszudenken. Konstruirbar sind ja auch andere
Erkärungsversuche. Die Hypothese von Lenard z.B. für das
Auftreten
der verschiedenen Serien - suczessives Ausstoßen von /3/
Elektronen
- ist unvergleichlich geistreicher als die meinige; ich habe aber
geglaubt, es zunächst mit dem Trivialeren, da es vorläufig
als das
Einfachere erscheint, versuchen zu müssen.- Mit dem Auftreten von
[?]serienlinien, die ja, wie meine Zitate zeigen, an sich nichts
Neues sind, hat Lenard sich durch die Erschütterungen abfinden
wollen,
welche dem Atom durch starke Entladungen ertheilt werden. Zuerst habe
ich ja die Grundspektra auch nur durch Kondensator-Entladungen
darstellen können. Aber ich habe nachher gefunden, daß sie
in
erheblicher Helligkeit, allerdings noch gemischt mit den Serienlinien,
auch auftreten im Kathodenlicht der Dämpfe von K, Rb
u. Cs, wenn man durch sie lediglich den [?] ohne Flasche,
hindurchgehen läßt. Die Farbe des Kathodenlichts weicht bei
den /4/
drei [?] stark ab von der des positiven Lichtes, ist aber sehr
ähnlich der Farbe, die man durch Flaschenentladungen erzielt.-
Runge wird die dankenswerthe Absicht,
eine
theoretische
Zusammenfassung u. Übersicht für die Spektralanalyse zu
liefern,
hoffentlich nicht
verschieben. Denn
keinesfalls möchte ich meiner kleinen Arbeit die [?] zuschreiben,
ein Gebäude in's Wackeln zu bringen, sondern - um in Ihrem [?]
Bilde zu bleiben - ich glaube, daß nur unter dem in einfache
Muster
getheilten Anstrich des Gebäudes noch ein bunteres [?] zum
Vorschein
kommt. Hoffentlich betheiligen sich recht viele Hände an der
Bloslegung des neu hervortretenden Bildes. Mit meinen primitiven
Mitteln kann ich selber ja nicht viel machen.-
Haben Sie nochmals vielen Dank für
Ihre
freundlichen Zeilen u. sein
Sie herzlich gegrüßt von Ihrem hochachtungsvoll ergebenen
E. Goldstein.
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